Mannuches und wibuches Tschitchencostum

Die Tracht der Tschitschen.

Von Ludwig Hans Fischer, Wien. [note]
(Mit 34 Abbildungen.)

[Source: Zeitschrift für österreichische Volkskunde. Organ des Vereins für österreichische Volkskunde in Wien. Redigiert von Dr. Michael Haberlandt. II. Jahrgang 1896. Mit einer Parbentafel und 165 Textabbildungen. Wien und Prag, VERLAG VON F. TEMPSKY, 1897, p. 6-23.]

Fig. 1. Mandrierenfrau.

Es war schon lange mein Wunsch, die Volkstrachten unseres Vaterlandes, welche unter unsern Augen sichtlich zu verschwinden drohen, endlich wissenschaftlich fest zu halten und zu publicieren. Im Allgemeinen wird ja überhaupt die Costümkunde noch immer sehr oberflächlich, um nicht zu sagen: dilettantenhaft behandelt Was an Material für moderne Costüme vorhanden ist, scheint mir gerade gut genug, um ein Costüm für einen Maskenball darnach zu schneidern. Die allgemeinen Costümwerke, selbst die besten, leiden daran, dass sie die Costüme aller Zeiten und aller Völker behandeln und daher von Vornherein zu einer gewissen Oberflächlichkeit verurtheilt sind. Sammelt und publiciert man doch von den entlegensten Völkerschaften die unbedeutendsten Dinge und weiß sehr gut den hohen wissenschaftlichen Wert der ethnographischen Sammlungen zu schätzen, aber an das nächstliegende, an uns selbst, denken wir zuletzt.

Dem «Verein für österreichische Volkskunde» scheint es vorbehalten gewesen zu sein, endlich auch hierin kräftig einzugreifen, und er beginnt mit einer Publication, die hoffentlich anregend wirkt, so dass mit der Zeit die heute noch vorhandenen Volkstrachten in Österreich alle festgehalten werden.Ich will durch diese erste Veröffentlichung zeigen, wie ich mir denke, dass ein Costüm wissenschaftlich dargestellt werden soll. Dabei handelt es sich nicht nur darum, das Costüm in allen seinen Details zu schildern und dabei Rücksicht auf die historische Entwickelung desselben, sowie auf die Ornamentik, welche darin vorkommt, zu nehmen, sondern es ist auch sehr erwünscht, gleichzeitig zu zeigen, wie diese Menschen wohnen, wie sie in den verschiedenen Lebensphasen variieren. Man soll beispielsweise zeigen, wie diese Menschen im Hause, bei der Arbeit, an Festtagen sich [7] kleiden oder wenn bei besonderen Gelegenheiten eigene Gebräuche in der Kleidung vorkommen. Man soll Rücksicht nehmen auf die Keramik, Textil- und andere Industrien, denn alles hängt ja zusammen und vervollständigt das ganze Bild. Auch der Mensch als solcher darf nicht vergessen werden; Photographien sind in diesem Falle sehr wichtig, namentlich wo es sich darum handelt, die Physiognomien zu zeigen.

Fig. 2. Ansicht des Städtchens Albona.
 
Fig. 3. Frau von Dignano.   Fig. 4. Mandriere mit Pelzmütze.

Wenn ich in diesem ersten Hefte auch lange nicht so gründlich sein konnte als ich gewünscht hätte, so hoffe ich doch, dass das Fehlende nachgeholt werden kann, und bin überzeugt, dass diese erste Arbeit, einmal unter den Mitgliedern unseres Vereines bekannt, viele derselben zur [8] Sammel-Thätigkeit anregen und dass auf diese Weise Materiale zu weiteren Publicationen sich anhäufen wird. Für diesen Zweck empfiehlt es sich, systematisch vorzugehen und in folgender Weise zu sammeln:

Fig 5. Tschitschcnhäuser aus Stein.

I. Ein vollständiges echtes Costüm, männlich und weiblich. II. Anfertigung von Photographien, sowohl von charakteristischen Porträts, als auch von ganzen Figuren. Es sollen darin alle Varianten des Costüms, z, B. jene, welche an Festtagen oder zu besonderen Gelegenheiten getragen werden, oder solche von Nachbardörfern, [8] welche sich in irgend etwas von dem zu behandelnden Volksstamme unterscheiden, zum Ausdruck kommen.

III. Sammeln von ethnographischen Gegenständen, Artikeln des Hausfleißes, der Keramik und Textilkunst.

IV. Photographische Aufnahmen typischer Wohnhäuser, wenn möglich, Plan des Hauses, Aufnahmen einzelner Wohnstuben, Küche etc.

V. Sammeln von historischen Costümen aus derselben Gegend, oder Abbildungen aus alten Gemälden, um wo möglich den Zusammenhang des modernen Costümes mit früheren festzustellen, VI. Genaue Beschreibung aller einzelnen Objecte.

Die Tschitschen im Küstenlande und Istrien.

Fig. 6. Tschitschenschmiede.

Mit der Bezeichnung «Tschitschen» benennt man im allgemeinen das Landvolk von Istrien, so weit es sich der kroatischen Sprache [9] bedient, wenn auch die Sprache nicht immer die Abstammung kennzeichnet. Die Bevölkerung von Istrien ist ein Mischvolk, in welchem die Reste der Ureinwohnerschaft, die theils keltisch, theils thra-kisch - griechischen [9] Ursprungs war. nicht mehr nachzuweisen sind. Auch die 600 Jahre währende römische Herrschaft ist bei Beurtheilung der heutigen Bevölkerung wenig in Rechnung zu ziehen. Weit wichtiger sind die jüngeren Einwanderungen der Gothen. Longobarden und Franken, hauptsächlich aber die der Slawen (Kroaten), der Flüchtlinge aus Bosnien und Albanien und zuletzt die der Rumänen (Rumunen).

Wie allgemein bekannt, ist die Bevölkerung der Küstenstädte fast durchwegs italienisch und macht 1/3 der Bevölkerung Istriens aus. Ich füge hier nur (Fig. 3) ein Bild einer Frau bei. um zu zeigen, wie sehr das Volk im Costüm von Dignano beispielsweise von dem der Tschitschen abweicht.

Fig. 7. Küche der Tschitschen.

Man rechnet, aber eigentlich mit Unrecht, zu den Tschitschen noch jene Völkerstämme, die in nördlicher und nordöstlicher Richtung von Triest wohnen, wie die sogenannten «Mandrieren». Diese sind ihrer Abstammung nach Slowenen, die italienische Sitten angenommen haben. In ihrer Tracht ist wenig Originelles zu finden, und selbst die wenigen Eigentümlichkeiten, die sie noch erhalten haben, sind bereits selten geworden. Im männlichen Costüme (Fig. 4) sind nur die hohe Pelzmütze und die großen Silberknöpfe auffallend. Die Frauen sind sehr geschmackvoll mit weißen Kopf- und Schultertüchern, färbigen Gürtelbändern und oft seidenen Röcken oder Schürzen bekleidet (Fig. 1). Die häufig hübschen Gesichter verrathen die starke Mischung mit italienischem Blute.

Beiläufig in einer Linie südöstlich von Triest gegen Fiume und von dieser Linie südwärts, mit Ausschluss der Küstenstädte ist das eigentliche Gebiet der Tschitschcn in Istrien zu suchen. Sie sind fast durchwegs [10] Bauern und wenige von ihnen sind in glücklichen Verhältnissen, da der Boden zumeist verkarstet ist. Die Ortschaften erinnern in ihrer Situation häufig an etrurische Städtchen, die gewöhnlich den Gipfel einer kleinen Anhöhe krönen. Als typisches Beispiel hiefür sei hier (Fig. 2) das Städtchen Albona abgebildet.

Fig. 8. Töpfe und Wasserschöpfer der Tschitschen.
Fig. 9. Marktfrau.

Das Haus, Die Wohnung der Tschitschen zeichnet sich durch äußerste Anspruchslosigkeit aus, namentlich in jenen vereinzelt stehenden Häusern außerhalb der Dorfen Die Bebauung des Landes und die Viehzucht, namentlich die Schafzucht, nimmt Mann und Frau gleichviel in Anspruch. So spielt im Hause der Stall die Hauptrolle, für Küche und [11] Stube bleibt dann wenig Raum, Die Häuser sind aus Stein gebaut und zumeist nicht beworfen (Fig. 5). Die besseren Häuser und jene der größeren Ortschaften nehmen italienischen Charakter an. So ist die in Fig. 7 abgebildete Küche dieselbe, wie wir sie in italienischen Häusern in Istrien finden.

 Die innere Einrichtung des Hauses ist, da der Tschitsche ausschließlich Landmann oder Kohlenbrenner ist, selten eigenes Erzeugnis. Die Töpferwaren, welche man vorfindet, sind im ganzen Lande fast dieselben und häufig von weit her importiert; was halbwegs volksthümlich ist, stammt wie die Schüssel aus Reifnitz in Krain, die Schale aus Sermino (wie die in Fig. 8 a b abgebildeten Gefäße),

Eigenes Erzeugnis ist der in Fig. 8 c abgebildete Holzlöffel zum Wasserschöpfen.

Wer Tschitschen aus der Umgebung von Triest, aus Servola und den nächstliegenden Dörfern sehen will, der braucht nur nach Capodistria zu gehen und sich den Markt zu besehen. (Fig. 9.) Da kommen namentlich die Frauen mit Milch und Obst mit ihren schwer bepackten Eseln zu Markte, um die Milch aus Blechkannen zu verkaufen.

Vor dem Thore stehen die Ochsenwagen, die Holz herüberbrachten, (Fig. 11 a.) und die Esel warten, bis ihre Herrin mit den leeren Kannen zurückkommt. Sie nimmt auf dem schlechten Sattel (Fig. 10 und Fig. 11 b.) querüber Platz und die leeren Kannen klappern im hurtigen Heimwärtstrab. Auch ein Schmied, der zugleich allerlei Eisenwaren verkauft, hat sich an der Straße eingerichtet. (Fig. 6).

Das Kostüm der Männer hat hier ganz den italienischen Charakter angenommen; als letzter Rest eines Kostümes verblieben der kurze, aus braunem Loden verfertigte Rock und kurze Hosen, welche bis über die halben Waden die weißen Strümpfe sehen lassen.

Fig. 10. Tschitschenfrau auf dem Esel. Fig. 11. a Ochsenjoch, b Eselsattel der Tschitschen.

Die Frauen aber haben ihr eigenartiges Kostüm beibehalten, von welchem hauptsächlich der Rock eigentümlich ist Man denke sich dies Kostüm als weiten Sack, der aus einem dunklen glänzenden Baumwollstoff (Satin) erzeugt und unten offen, oben aber für den Kopf eine Öffnung hat (ganz ähnlich dem Kaftan der Orientalen). Wird nun dies Kleidungsstück in der Taille gebunden, so entsteht das eigenthümliche Kostümstück, [12]welches auf Fig. 12 deutlich ersichtlich ist. Jener Theil, welcher hiebei eine Art offener Ärmel bildet, ist dann auf den Achseln zu kleinen Falten eingezogen.

Fig. 12. Frauentracht in Servola.

Über den den Rock bildenden Theil wird stets eine Schürze (aus Berkal) getragen, deren bunte Bänder vorne lang herabhängen. Darunter wird ein Hemd und ein Leibchen mit weiten Ärmeln so getragen, dass die Ärmel dieses Leibchens so lang wie die Hemdärmel sind, zuweilen aber sind letztere so kurz, dass sie kaum aus dem Obergewande hervorschauen. In diesem Falle sind die Arme — vielleicht nur im Winter — von den Ärmeln einer weißwollenen Unterjacke bedeckt (Fig. 12).

Den Kopf bedeckt stets ein weißes Tuch und um Hals und Brust wird ein zumeist farbiges Busentuch getragen.


Der Tschitsche, welcher noch ein vollständiges Nationalkostüm trägt, ist nur mehr im Innern Istriens zu finden. Alles, was er an sich trägt, ist Hausfleiß - Erzeugnis und von ihm selbst verfertigt. Es ist daher sehr schwierig, sich solche Kostüme zu verschaffen, da man nichts davon in lüden zu kaufen bekommt. Ich habe ein solches aus Montona verschafft, welches ziemlich im Centrum Istriens liegt, und lasse die Beschreibung dieses Kostümes folgen, in der Voraussetzung, dass, wenn eines der istrischen Kostüme genau beschrieben ist, die Varianten, wenn auch nur in einzelnen Abbildungen beigefügt, verständlich werden.

Kostüm der Tschitschen in Montona.

1. Männliches Kostüm:

Kopfbedeckung: Eine flache Mütze aus grobem, dunkelbraunen Filz mit aufgestülptem, eng anliegendem Rand, der bis an die Decke reicht. [13] Diese Mützen werden in ganz Istrien, Dalmatien, Montenegro und Serbien getragen. Man nennt diese Form gewöhnlich montenegrinische Mützen ; nur ist in Montenegro die Decke derselben mit rother Seide oder Tuch übernäht und mit den Initialen des Fürsten «N» in Gold gestickt. Zuweilen tragen die Tschitschen Filzhüte, welche aber stets fremdes Fabrikat und als Abweichung von dem ursprünglichen Kostüm zu betrachten sind. Das Haar wird meist rückwärts kurz, vorne länger getragen, so dass oft einzelne Haarsträhne über die Stirne und Schläfen hängen. Der Tschitsche trägt keinen Bart, nur selten kurze Kotelettes.

Fig. 13. Männersocken.

Das Hemd. Dasselbe hat zumeist einen Umlegekragen oder nur eine schmale Leiste. Der Hemdknopf ist aus Zwirn geknüpft (siehe das [14] Detail des weiblichen Hemdes Fig. 24 b). Im übrigen ist in der Form der Hemden nichts auffallendes.

Fig. 14. Männerweste.

Socken. Dieselben sind aus grober Ziegen wolle gestrickt und an der Seite offen. Diese Öffnung ist aber von Innen wieder durch einen Lappen geschützt und durch Hafteln zu schließen. Die Ränder oben sind durch blaue Bänder eingefasst (Fig. 13).

Fig. 15. Männerrock (Schnitt) für den Winter.
Fig. 16. Männerspenser für den Winter.

[15] Malia. Für den Winter dient als weiteres Unterkleid eine aus starker Schafwolle gestrickte weiße Jacke (Malia), ähnlich wie sie die nordischen Bootsleute zu tragen pflegen.

Fig. 17. Männertracht im Winter.
Fig. 19. Bauer aus Promontore. Fig. 18. Hose.

Die Weste (Fig. 14). Das eigentliche und im Sommer das einzige obere Kleidungsstück bildet eine Art Weste. Diese und die [16]

folgenden zwei Stücke sind aus brauner natürlicher Schafwolle zu dickem rohen Loden verarbeitet. Diese Weste ist in ganz Istrien gebräuchlich und charakterisiert durch den viereckigen Ausschnitt, aus welchem das Hemd hervorschaut, und ist auf den Abbildungen (Fig. 19) überall zu sehen.

Die Röcke (Fig. 15 und 16). Bei kühler Jahreszeit wird über diese Weste eine Art Rock ohne Ärmel (Fig. 15) angezogen und darüber wieder ein kurzer spenserartiger Rock mit Ärmeln (Fig. 16), so dass unter demselben die Schöße des vorigen hervorschauen, wie Fig. 17 zeigt.

Fig. 20. Stickerei cines Frauenkopftuchs.

Jedes dieser Kleidungsstücke ist mit Seitentaschen versehen, deren Ränder mit schwarzen oder blauen Bändern eingesäumt sind.

Die Hose (Fig. 18). Dieselbe ist stets aus weißer Wolle gestrickt und fast vollkommen anliegend und enge; siegist bis zur halben Wade an der Innenseite geschlitzt und mit Hafteln zu schließen. Die Hosentaschen, der Schlitz vorne (rechts) und zwei kleine Lappen zum Festhalten eines Riemens sind schwarz eingesäumt. [17]

Fig. 21. Frauenhemd.

In manchen Gegenden wird die Hose unten umgeschlagen und ist in diesem Falle an dieser Stelle blau gefuttert (Fig. 19).

Fußbekleidung. Die ursprüngliche Fußbekleidung der Tschitschen scheinen allgemein die Opanken gewesen zu sein. Sie bestehen aus einem Stück Leder, welches über den Fuß gelegt und durch Riemchen über den Rist zusammengehalten und um die Knöchel durch Riemen befestigt wird (Fig. 29).

Gebirgsbewohner pflegen die Sohlen zuweilen mit Nägeln zu beschlagen, um denselben mehr Halt auf dem Boden zu verleihen. Ich erwähne hier, dass ich in der Schweiz eine römische Bronze-Lampe gesehen habe, welche einen Fuß mit solchen opankenähnlichen Sandalen vorstellte, deren Sohlen mit Nägeln beschlagen waren, wie man sie heute in Tirol an den Gebirgsschuhen trägt (Scheanken). Die gewöhnlichen Lederschuhe sind ebenfalls aus Fig. 29 ersichtlich.

Schmuck. Wenn es der Wohlstand erlaubt, trägt jeder Tschitsche Ohrringe (Fig. 30) u. zw. dieselben, welche die Frauen tragen, nur mit dem Unterschiede, dass ein oder mehrere Ringe an einem Ohre getragen werden und die Anhängsel wegbleiben. Das Tragen von Ohrgehängen ist bei Männern in ganz Istrien allgemein.

2. Das weibliche Kostüm:

Haartracht. Das Haar wird stets sehr einfach getragen, vorne gescheitelt und rückwärts ein Zopf aufgedreht. Öfters wird ein kleines Zeitschrift für östterr. Volkskunde. II. [18] Zöpfchen über den Scheitel gebunden. Wenige Löckchen hängen zuweilen in die Stirne, manchmal einfache lange Strähne.

Fig. 22. Halskrause des Frauenhemds.

Das Kopftuch. Ein viereckiges weißes Tuch, wovon eine Ecke reich gestickt (Fig. 20), ist stets die einzige Bekleidung des Kopfes der Frauen in Montona.

Fig. 23. Achselfalten des Frauenhemds.


Fig. 25. Weiberstrumpf.


Fig. 24. Ärmelkrause des Frauenhemds.


Fig. 26. Verzierung des Weiberstrumpfs.


Fig. 27. Rand des Weiberstrumpfs.

Nur in manchen Gegenden, so in Promontore und Podgorje werden mit Vorliebe farbige Tücher getragen; diese sind aber bereits fremdes [19] Fabrikat Die Art und Weise, diese Kopftücher zu tragen, ist sehr mannigfaltig, und fast in jedem Dorf findet man eine andere Nuance in der Art. wie es gelegt wird.

Fig. 28. Weiberjacke. (Schnitte, Rückenfalten, Rückansicht, Seidenatickerei der Vordertheikle).

Das Hemd (Fig. 21). Das weibliche Hemd ist vorne stets nach Männerart offen, die Ärmel an den Enden eingezogen, so dass eine Art Manschetten entsteht. Dieses Einziehen der Hemdfalten wird zuweilen [20] in sehr kunstvoller Weise gemacht, so dass durch das Festhalten kleinere Falten-Ornamente entstehen und wie hier am Ärmel eine Art Krause (Fig. 21, 24 b) denselben abschliesst. Ganz eigenthümlich ist der Kragen (Fig. 21, 22 a), der durch viele kleine Falten etwa 4 Millimeter stark wird, dafür aber sehr kurz (10 Centimeter), so dass er nur den Hals rückwärts deckt. Auch dieser ist ornamentiert. An der Achsel ist ein Theil (Fig. 21, 23 c) in Falten gelegt.

Fig. 29. Fußbekleidungen.

Der Strumpf. Zumeist sind die Strümpfe aus weißer grober Wolle gestrickt (Fig. 25), aber auch aus Baumwolle werden sie selbst verfertigt und oft sehr kunstvoll durch die Strickerei verziert (Fig. 26).

Fig. 30. Ohrringe.

Das Kleid. Das Gewand, welches die Tschitschin in Montona trägt, vereinigt stets Rock und Leib zu einem Kleidungsstück. Zuweilen ist dieses Kleidungsstück aus Wolle, häufig aber aus gedrucktem Kattun. Der Leib ist ärmellos und vorne viereckig ausgeschnitten wie die Weste des Mannes. Daran unmittelbar ist der Rock angenäht.

In manchen Gegenden, wo dieses Kleidungsstück aus brauner Wolle ist, sind Hängeärmel daran. In warmer Jahreszeit hängen diese [21] Ärmel frei herab oder sind rückwärts unter den Gürtel gebunden. Wie diese Ärmel aussehen, wenn sie gebraucht werden, sieht man an Fig- 32, wobei an der Achsel ein Stück frei bleibt und das Hemd hervorsehen lässt. Zuweilen wird ein leichtes Unterkleid unten getragen und das dicke wollene mit Hängeärmeln darüber.

Fig. 32. Mädchen aus Podgorje.

Schürzen werden überall in Istrien getragen, sie sind immer farbig, zumeist aber dunkel, ohne Fransen oder Spitzen und von keiner auffallenden Form.

Die Jacke. In Montona trägt man kurze Jacken aus grobem, rohen Loden von brauner Wolle. Die Verzierung vorne ist aus rother Seide, jene der Ärmel aus bedrucktem Baumwollstoff. Eigenthümlich sind die drei Falten rückwärts (Fig. 28).

Gürtel Um die Taille wird ein etwa 5 Centimeter breiter, 2 Meter langer gurtenförmiger Gürtel getragen, der von blauer Farbe an beiden Enden in Fransen ausläuft.

Fig. 31. Fingerring.

Schuhe. Die Schuhe des Kostümes von Montona unterscheiden sich wenig von denen des Mannes; in anderen Gegenden tragen die Frauen Opanken oder wie jene aus Podgorje seitlich ausgeschnittene Schuhe (Fig. 29 links), welche vorne geschlossen werden. Der Lappen in der Mitte des Ristes wird unter diesen Verschluss durchgezogen und hängt vorne über; übrigens eine recht praktische und nachahmenswerte Form, die schon auf alten deutschen und niederländischen Bildern vorkommt.

Schmuck. In ganz Istrien und auch Dalmatien ist nur eine Form von Ohrgehängen üblich, nämlich die hufeisenförmige. Eigenthümlich ist [22] der Verschluss; an jedem Ende des Bogens ist ein rundes Plättchen, aus einem davon entspringt ein Draht, der in einem Bogen zum andern hinüberführt und viel länger ist als der Halbkreis, den er zu schließen hat. Das Ende des Drahtes wird in das Loch, welches das andere Plättchen hat, hineingeschoben.

Die Form der Ohrgehänge ist fast stets die gleiche, die Ornamentierung aber verschieden, Filigranarbeit und aufgesetzte Kügelchen bilden gewöhnlich die Dekorierung.

Fig. 33. Kostüm aus Nord-Istrien. Fig. 34. Kostüm aus Medalino.

An sonstigen Schmucksachen ist mir nichts erwähnenswertes aufgefallen, verschiedene Filigranarbeiten aus Gold kommen wohl häufig vor, wie Herzen und Sterne auf der Brust zu tragen. Ich habe aber derartigen Schmuck im ganzen Adria-Gebiete begegnet, iAbesondere in Korfu und auch in Griechenland, so dass er eigentlich mit dem Kostüme der Tschitschen nichts zu thun hat.

Ringe werden wohl getragen, sind zumeist aber fremdes Fabrikat, als dortiges Erzeugnis habe ich nur ein Exemplar, in Fig. 31 abgebildet, erworben. Es ist von Silber, vergoldet und trägt eine grüne Smaragd-Imitation aus Glas.

Eine Art Schmuck habe ich bei einem Mädchen aus Podgorje, Fig. 30, gesehen, von dem ich aber nicht weis, ob er zum Kostüme gehört oder vielleicht ein Abzeichen der Brautschaft ist. Es ist dies ein dünner Kranz von weißen Blumen, die den Eindruck von Edelweißblüthen machten.


Ed. note:

FISCHER, Ludwig Hans (1948-1915). An Austrian landscape painter and etcher, born at Salzburg on 2 March 1848. A pupil at the Vienna Academy of Eduard von Lichtenfels in painting, of Louis Jacoby in engraving, and of William Unger in etching, he completed his studies traveling extensively in Italy, Spain, North Africa, Egypt, and India, and afterwards he settled in Vienna.

Besides a number of oil paintings, he executed for the Museum of Natural History nine decorative landscapes (1889). Among a series of etchings and engravings the cycle “Historical Landscapes from Austria-Hungary” is his most remarkable production. He also painted many excellent water-colors, and published Die Technik der Aquarellmalerei (7th ed. 1898). Three of his oil paintings, including a ‘View of Jerusalem,’ are in the Vienna Museum. He also painted many excellent water colors and wrote numerous magazine articles accompanied by clearly defined and spirited drawings.

(Fischer died in Wien or Vienna.)

Biography sources:

  • http://en.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Hans_Fischer
  • http://en.wikisource.org/wiki/The_New_International_Encyclop%C3%A6dia/Fischer,_Ludwig_Hans
  • http://en.wikisource.org/wiki/The_Encyclopedia_Americana_%281920%29/Fischer,_Ludwig_Hans

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Created: Monday, March 14, 2022; Last Updated: Thursday, April 07, 2022
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